Projekte

ENSEMBLE BERLINER OPERETTE e.V. | Schirmherrschaft: René Kollo

Das Projekt „Vintage-Operette-Berlin: Eine Hörspielserie“
mit Werken Berliner Komponisten und Librettisten vor 1945

Verklungen und vergessen…international
Im Zentrum unseres Angebots steht das traurige Schicksal jüdischer Operettenkomponisten und Librettisten, die Opfer des Naziterrors wurden. Viele damals führende Operettenkünstler der wilhelminischen und Weimarer Epoche sind aufgrund dieser destruktiven Prozesse in Vergessenheit geraten. Über die etwa einstündige Aufführungsdauer eines Werkes wird dem Publikum die Handlung und deren ursprüngliche Bedeutung jeweils in der gewünschten Landessprache von einem lokal bekannten Moderator erklärt. Die musikalische Darbietung basiert auf den wiederentdeckten und seinerzeit zensierten originalen Regiebüchern aus den kaiserlichen Polizeiakten und dem originalen wiederentdeckten Orchestermaterial. Die jeweilige Operette wird auf eine Stunde Dauer komprimiert – so können an einem Abend gleich zwei Operetten vorgestellt werden. Diese heiteren und kurzweiligen Werke offenbaren sich in neuem Glanz und geben dem Publikum einen tiefen Einblick in die verschollenen musikalischen Juwelen aus den Jahren 1905-1925.

The “Vintage Operetta Berlin” international project with original works by Jewish composers and librettists
Faded away and forgotten…
The focus of our offer is the sad fate of Jewish operetta composers and librettists who became victims of Nazi terror. Many leading operetta artists of the Wilhelmine and Weimar eras fell into oblivion due to these destructive processes. Over the one-hour performance period of a work, the plot and its original meaning are explained to the audience in the desired national language by a locally known moderator. The musical performance is based on the rediscovered and censored original scripts from the imperial police files and the original rediscovered orchestral material. The respective operetta is compressed into one hour duration – so two operettas can be presented in one evening. These cheerful and entertaining works reveal themselves in new splendor and give the audience a deep insight into the lost musical jewels from the years 1905-1925.

INITIATIVE
Vor einhundert Jahren genoss die Operette einen hohen Stellenwert im Kulturleben Deutschlands – vergleichend könnte man sie als Pendant zum heutigen Musical beschreiben. Neue Operetten wurden am laufenden Band produziert und in manchen Theatern gab es dadurch sogar im Monatstakt Uraufführungen. Während sich die ernste klassische Musik aus Sicht großer Bevölkerungsgruppen in die Atonalität verstieg und damit ihre Zugänglichkeit verlor, wuchs die Popularität der Operette umso mehr.

HISTORIE
Unser Projekt stellt drei Komponisten in den Mittelpunkt, welche die sprudelnde Lebendigkeit dieser Gattung herausragend verkörpern und entscheidend beeinflussten: Jean Gilbert (Hamburg), Walter Kollo (Berlin) und Robert Stolz (Wien). Wie für viele Kulturbereiche wurde die Zeit der Machtergreifung der Nationalsozialisten auch für die Operette zu einem einschneidenden Ereignis. Die jüdischen Autoren (so auch Jean Gilbert) wurden verbannt oder flohen. Andere (z.B. Robert Stolz) wurden aus politischen Gründen verfolgt. Die Nationalsozialisten konfiszierten einige zurückgelassene Werke, und etliches von dem, was noch in den Archiven der Theater lag, ging durch die Folgen der Kriegsjahre verloren. Nach dem Krieg begannen die Nachfolger und Erben zwar die Gattung neu zu beleben, passten sie jedoch dem veränderten Geschmack an. Viele Stücke wurden neu arrangiert und neu instrumentiert, wobei im Zuge dessen teilweise sogar die Originalwerke eingezogen und somit ihre Aufführungsmöglichkeiten beendet wurden.

AUSBLICK
An eben diesem Punkt knüpfen wir heute an. Der ursprüngliche 20er-Jahre-„Sound“, welcher heutzutage wieder populär ist, findet sich in den verbreiteten Notationen kaum wieder, dafür jedoch typischerweise Instrumentationen mit elektrischer Gitarre und 50er-Jahre-Rhythmen. Das Paradox liegt darin, dass der damalige Versuch, die Operette lebendig zu machen, ein Teil der Ursache dessen ist, dass die Operette heute vom Aussterben bedroht ist. Die immer etwa zehn gleichen Operetten kursieren auf den deutschen Theaterbühnen, und für ein kleines Publikum älterer Jahrgänge finden Konzerte mit den „Greatest Hits der Operette“ im Stile der 50er Jahre statt, die jedoch völlig losgelöst von der Handlung und damit der Gesamtheit der jeweiligen Werke präsentiert werden.

RECHERCHE
Durch mühsame Forschung konnten wir die Originalregiebücher ausgewählter Werke finden und anschließend aufbereiten. Für das Verständnis überflüssige Szenen haben wir gekürzt, große Schlusschöre sowie unwichtige Nebenrollen gestrichen. Ein Erzähler nimmt den Hörer mit hinein in die Handlung der Operette; Sprecher und Musiker gestalten sie mit Originaltexten und wunderschöner Musik, die sonst nirgendwo mehr zu hören ist. Besetzt mit fünf Musikern und fünf bis sechs Sängern, ist jede Operette für einen etwa 40-minütigen Radiobeitrag konzipiert und wird durch die Geräuschkulisse eines Foley-Artisten zu einem echten Theatergenuss für die Ohren. Eine zusätzliche Möglichkeit wäre, die von uns vorbereiteten Hörspielteile als konzertante Radioshow-Bühnenstücke aufzuführen und damit ein in den USA sehr beliebtes Format zu nutzen.

ZIEL DES PROJEKTS
Als Resultat der beschriebenen historischen Entwicklung sind hunderte von Operetten in Vergessenheit geraten. Gleichzeitig ist eine Menge herrlicher Musik aus den Jahren zwischen den Kriegen bereits jetzt, ohne Aussicht darauf, jemals wieder gehört werden zu können, gänzlich verloren gegangen. Unser Projekt „Vintage-Operette“ versucht, die Operette und ihre zu Unrecht vergessenen Werke den Menschen des 21. Jahrhunderts originalgetreu neu zu präsentieren. Dafür erkennen wir jedoch an, dass interessiertes Theaterpublikum nur einen kleinen Teil der Bevölkerung ausmacht und auch die Spielhäuser nicht ohne Weiteres das Risiko einer voll produzierten unbekannten Operette eingehen können. Aus diesem Grund suchten wir nach neuen Wegen und Zugängen und haben eine passende Form in der Hörspielserie gefunden.

HÖRERSCHAFT
Neben der allgemeinen Bevölkerung als Zielgruppe verstehen wir diese Sendung auch als einen Beitrag für den interessierten Regisseur, welcher womöglich die ein oder andere Operette aus unserer Serie aufgreift und mit ihr den Spielplan freudvoll ergänzt. Wichtig für den Erfolg des Projektes wäre aus unserer Sicht, entsprechend interessierten Sendern eine Serie von mehreren Operettenproduktionen anzubieten, da nur so ein Gesamtbild entstehen und das Interesse der Zuhörer vertieft und geweckt werden kann.